In Österreich obliegt die Gesetzgebung im Bauwesen den einzelnen Bundesländern, was zu neun unterschiedlichen Bauordnungen führt, die jeweils landesspezifische Regelungen enthalten. Die Wiener Bauordnung ist als Landesgesetz das maßgebliche Regelwerk für alle baulichen Aktivitäten in Wien und ermöglicht es, regionale Besonderheiten und Bedürfnisse in den baurechtlichen Bestimmungen zu berücksichtigen.
Mit der Wiener Bauordnungsnovelle 2023, die am 13. Dezember 2023 kundgemacht wurde, traten zahlreiche Änderungen in Kraft, die insbesondere den Klimaschutz, die nachhaltige Stadtentwicklung und den Schutz von Altbauten betreffen.
In diesem Blogpost möchten wir uns besonders die Erweiterung des Schutzes von Altbauten ansehen. Hierzu gibt es drei wesentliche Änderungen:
- Ausweitung der Bauwerksbuchpflicht
- Einschränkungen bei Kurzzeitvermietungen
- Verschärfung von Altbau-Abbrüchen
Ausweitung der Bauwerksbuchpflicht
Eine bedeutende Neuerung ist die erweiterte Verpflichtung zur Führung eines Bauwerksbuchs. Diese Pflicht bestand seit der Novelle 2014 für Neubauten mit mehr als zwei Hauptgeschossen. Nun wird sie auf Altbauten ausgeweitet:
- Gebäude vor dem 1. Jänner 1919: Eigentümer müssen bis spätestens 31. Dezember 2027 ein Bauwerksbuch erstellen und in der Bauwerksbuchdatenbank registrieren lassen.
- Gebäude zwischen dem 1. Jänner 1919 und dem 1. Jänner 1945: Hier gilt der Stichtag 31. Dezember 2030.
Das Bauwerksbuch muss unter anderem Baubewilligungen, Fertigstellungsanzeigen, Benützungsbewilligungen sowie Informationen über regelmäßig zu überprüfende Bauteile und deren Überprüfungsintervalle enthalten. Die Erstellung muss durch externe Fachleute erfolgen.
Einschränkungen bei Kurzzeitvermietungen
Die Novelle bringt erhebliche Einschränkungen für die touristische Kurzzeitvermietung von Wohnungen, insbesondere über Plattformen wie Airbnb:
- Wohnzonenregelung: In Wohnzonen ist die regelmäßige Bereitstellung von Wohnräumen für kurzfristige Beherbergungszwecke gegen Entgelt ohne Magistratsbewilligung nicht zulässig.
- Begrenzung auf 90 Tage pro Kalenderjahr: Ab dem 1. Juli 2024 ist die gewerbliche Kurzzeitvermietung von Wohnungen auf maximal 90 Tage pro Jahr beschränkt. Eine längere Vermietung erfordert eine spezielle Ausnahmebewilligung.
Diese Maßnahmen zielen darauf ab, den Wohnraum für die lokale Bevölkerung zu schützen und die Zweckentfremdung von Wohnungen zu verhindern.
Verschärfung von Altbau-Abbrüchen
Die Novelle erschwert den Abriss von Altbauten, insbesondere von Gebäuden, die vor 1945 errichtet wurden:
- Strengere Prüfung der Abbruchreife: Die Behörde beauftragt nun selbst Sachverständige, um Gutachten zur Abbruchreife einzuholen, anstatt sich auf vom Antragsteller vorgelegte Gutachten zu verlassen.
- Berücksichtigung von Sanierungsförderungen: Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit eines Erhalts werden mögliche Förderungen für Sanierungen sowie zusätzliche Erträge durch Aufkategorisierungen berücksichtigt.
- Sanktionen bei Vernachlässigung: Eigentümer, die ihre Gebäude vorsätzlich vernachlässigen, können die dadurch entstandenen Sanierungskosten nicht mehr geltend machen.
Weitere Änderungen der Bauordnungsnovelle 2023
Die Novelle bringt zudem weitere wichtige Anpassungen mit sich:
- Förderung von Photovoltaik und Begrünung: Die Errichtung von Photovoltaikanlagen und Fassadenbegrünungen wird erleichtert und teilweise bewilligungsfrei gestellt, um nachhaltige Energienutzung und Klimaschutz zu fördern.
- Anpassungen bei Stellplatzverpflichtungen: Die Verpflichtung zur Schaffung von Stellplätzen wird in Abhängigkeit von der Zoneneinteilung reduziert, um den öffentlichen Verkehr zu fördern und den urbanen Raum effizienter zu nutzen.
Die Wiener Bauordnungsnovelle 2023 stellt einen bedeutenden Schritt in der Weiterentwicklung der Stadt dar. Durch die Erweiterung des Schutzes von Altbauten, die Einführung der Bauwerksbuchpflicht und die Verschärfung der Regelungen für Kurzzeitvermietungen wird nicht nur der Erhalt des historischen Stadtbildes gesichert, sondern auch eine nachhaltige und lebenswerte urbane Entwicklung gefördert. Diese Maßnahmen spiegeln Wiens Engagement wider, den Herausforderungen des Klimaschutzes und der Stadtentwicklung gerecht zu werden und gleichzeitig die Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner in den Mittelpunkt zu stellen.